Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung:
Anmerkungen zur BGH-Stellungnahme zur Manipulationssoftware.
In einem kürzlich erfolgten Hinweisbeschluss hat der VIII. Zivilsenat des BGH nach vorläufiger rechtlicher Beurteilung darauf hingewiesen, „dass bei einem Fahrzeug, welches bei Übergabe an den Käufer mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein dürfte“.
Zur Begründung wurde vom BGH angeführt, dass bei den betroffenen Fahrzeugen die „latente“ Gefahr einer drohenden Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung am Straßenverkehr zuständige Behörde bestehe und es damit an einer Eignung für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte.
Beide Vorinstanzen haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Fahrzeugtyp (VW Tiguan der ersten Generation) nicht mehr hergestellt werde und es dem Verkäufer daher unmöglich sei, ein gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug zu liefern.
Der BGH ist hier anderer Auffassung und bejaht grundsätzlich die Möglichkeit einer Ersatzlieferung, auch dann, wenn das jeweilige Fahrzeug aufgrund eines Modelwechsels nicht mehr produziert wird und somit nicht mehr beschafft werden kann.
BVfK Anmerkung:
Zunächst möchten wir darauf hinweisen, dass die in dem Beschluss vom BGH vertretene Auffassung sich auf die Fallkonstellation bezieht, wo Käufer von manipulierten Dieselfahrzeugen explizit gegen den verkaufenden Händler und nicht gegen den Hersteller vorgehen.
Hierbei nimmt der BGH zu zwei Rechtsfragen (vorläufig) Stellung. Er geht bei Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung von einem Sachmangel aus und ist der Auffassung, dass der Anspruch des Käufers auf Lieferung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeuges nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil das ursprünglich erworbene Fahrzeug aufgrund eines Modellwechsels nicht mehr hergestellt wird.
Der BGH verliert hingegen kein Wort darüber, ob dem Hersteller des Fahrzeugs eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden kann. Insofern lassen sich die Ausführungen des BGH größtenteils nicht auf die laufenden Verfahren, die sich direkt gegen den Hersteller richten, übertragen.
In der derzeitigen Praxis dürfte sich nicht viel ändern, außer dass falsche Verbrauchererwartungen zu vermeidbaren Auseinandersetzungen führen, die von einigen Medien und fragwürdigen Anwaltskanzleien bewusst angeheizt werden. Zum einen bejahen bereits fast alle unteren Instanzen bei Fahrzeugen, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind, einen Sachmangel. Zum anderen besteht hier die Besonderheit, dass dem genannten Beschluss eine Klage auf Ersatzlieferung eines neuen Fahrzeugs zugrunde liegt und der BGH sich demzufolge auch nur auf Fragen, die sich auf diese Konstellation beziehen, äußert. Der Großteil der derzeit laufenden Klageverfahren ist aber nicht auf eine Ersatzlieferung, sondern auf eine Rückabwicklung gerichtet. Fragen zur Rückabwicklung sind bis heute aber gerade nicht höchstrichterlich entschieden worden.
Aber selbst, wenn es jetzt mehrfach zu Klagen auf Ersatzlieferung kommen sollte, sind solche Verfahren kein Selbstläufer, sondern nach wie vor mit erheblichen Prozessrisiken verbunden. Denn gerade beim Gebrauchtwagenhandel bestehen nach wie vor gute Argumente, eine Ersatzlieferung auch weiterhin als „unmöglich“ zu werten. Auch wenn der BGH in seinem Beschluss eine Ersatzlieferung bei einem Modellwechsel grundsätzlich für möglich erachtet, hat der Händler im Einzelfall immer noch die Option, die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern.
Die Auffassung des BGH zur Frage der möglichen Ersatzlieferung empfinden wir durchaus überraschend. Denn bisher konnte man davon ausgehen, dass eine Ersatzlieferung nur dann in Betracht kommt, wenn das mangelhafte Fahrzeug auch gegen ein gleichwertiges und gleichartiges Alternativfahrzeug getauscht werden kann. Hiervon weicht der BGH nun mit möglicherweise weitreichenden Folgen nicht nur für den Kauf von Neuwagen, sondern auch für den von Gebrauchtwagen ab, da er die Auffassung vertritt, ein „identisches“ Fahrzeug sei gerade nicht erforderlich.
Ebenso kann die Argumentation des BGH, dass eine Sache auch dann mangelhaft sein soll, wenn lediglich die „Gefahr einer Betriebsuntersagung“ besteht, nicht ganz nachvollzogen werden. Denn eine solche Situation dürfte nach Auffassung und Erfahrung des BVfK bei manipulierten Dieseln eher unwahrscheinlich sein. Eine solche dürfte, wenn überhaupt, nur dann in Betracht kommen, wenn der jeweilige Käufer der behördlichen Aufforderung zur Nachrüstung nicht nachkommt, was sicherlich nicht dem verkaufenden Händler zur Last gelegt werden kann.
Die BVfK-Rechtsabteilung begleitet eine große Zahl von BVfK-Mitgliedern auch bei rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der so genannten Schummelsoftware und steht sowohl im Rahmen der im Mitgliedsbeitrag beliebig oft enthaltenen Ersteinschätzung, als auch für die Folgebearbeitung und bei der Begleitung gerichtlicher Auseinandersetzungen gerne und kompetent zur Verfügung.
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